7-Punkte-Plan zur Vermeidung von Harnwegsinfekten bei Querschnittlähmung
Dass man viel trinken soll – gerne mal öfter den supersauren aber auch sehr gesunden Cranberrysaft – wenn es um die Vermeidung von Harnwegsinfekten geht, wissen wohl die meisten. Es gibt aber auch noch andere Punkte, die zu beachten sind.
Die Blase kann bis zu 500 ml Urin aufnehmen. Wenn höhere Mengen auftreten, wird sie überdehnt und kann sich u. U. nach einem späteren Entleeren nicht mehr zurückziehen. Wie eine Querschnittlähmung die Blasenfunktion beeinflusst und wann man von einer schlaffen bzw. einer spastischen Blase spricht, wird im Beitrag Blasenfunktion bei Querschnittlähmung erklärt. Ein willkürliches Ausscheiden ist bei den meisten Menschen mit Rückenmarksverletzungen nicht möglich und es müssen alternative Formen des Blasenmanagements gefunden werden (siehe: Ableitende Kontinenzhilfsmittel).
Dass Harnwegsinfektionen ein großes Problem bei Querschnittlähmung sein können, wird im Beitrag Harnwegsinfektionen, erkennen, behandeln, vorbeugen erörtert. Welche Hausmittel es gibt, um sich vor ihnen zu schützen, zeigt der Beitrag Alternative Methoden zur Vorbeugung und Heilung von bakteriellen Harnwegsinfekten. Im Folgenden wird nun ein 7-Punkte-Plan vorgestellt, der konkrete Handlungsempfehlungen gibt, die zu einer Reduzierung der Häufigkeit von Harnwegsinfektionen bei Querschnittgelähmten beitragen können.
Ein wichtiger Punkt, den die US-amerikanische Einrichtung Amplified Agility anspricht, ist die Darmgesundheit.
Eine Querschnittlähmung kann u. a. auch das Verdauungssystem beeinflussen, z. B. das enterische Nervensystem des Darms und das Immunsystem (für ein gut funktionierendes Immunsystem ist zu 70-80% der Darm verantwortlich). Die Harnwege bestehen, wie auch der Darm, aus Schleimhäuten und reagieren auf dieselben biochemischen Signale. Zudem liegen sie nah beieinander. Wenn man z. B. unter dem Leaky Gut Syndrom leidet, haben Bakterien ein leichtes Spiel aus dem Darm an andere Stellen des Körpers zu wandern, wo sie nichts zu suchen haben.
Der häufigste Grund für Blaseninfekte sind Darmbakterien, die in die Blase gelangen. Frauen sind häufiger betroffen als Männer wegen ihrer kurzen Harnröhre, durch die Bakterien schneller in die Blase gelangen und dadurch, dass der Blasenausgang nah an Vagina und Anus ist. Wenn die Bakterien erst einmal in die Blase gelangt sind, kann es schwierig sein, sie wieder vollständig los zu werden. Bei normaler Blasenfunktion kann es helfen die Blase immer vollständig zu entleeren. Bei Verwendung eines Katheters allerdings, ist es möglich, dass die Blase nicht komplett entleert wird. Mit den Harnresten verbleiben dann auch die Bakterien in der Blase und können Infektionen verursachen. Wenn im Darm vorwiegend „gute“ Bakterien vorhanden sind, kann die Infektgefahr u. U. reduziert werden.
Der 7-Punkte-Plan
Viel trinken
Den Körper ausreichend mit Flüssigkeit zu versorgen, gewährleistet eine optimale Funktion aller Abläufe (siehe: Trinkverhalten bei Querschnittlähmung). Außerdem wird so die Blase regelmäßig durchgespült. Bevorzugen sollte man Wasser als Getränk. Wer Wasser an sich nicht viel abgewinnen kann, kann mit Früchten Geschmack hinzufügen (siehe: Wasser mit Fruchteinlage).
Die Blase rechtzeitig und vollständig mit der passenden Blasenmanagementtechnik entleeren
Wenn die Blase nicht zeitnah entleer wird, wenn sie voll ist, können Schäden an der Blasenwand entstehen und/oder es kann zu einem Rückstau des Urins zu den Nieren kommen, was wiederum zu erheblichen Nierenschäden führen kann. Daher ist es wichtig die individuell am besten geeignete Technik der Blasenentleerung korrekt und rechtzeitig durchzuführen und dabei auf Hygiene zu achten.
Nicht zu enge Kleidung tragen und für Sauberkeit und Trockenheit sorgen
Enge, feuchte Kleidung kann einem unerwünschten Bakterienwachstum zuträglich sein. Wichtig ist sich nach jedem Vorgang des Blasen- oder Darmmanagements gründlich zu reinigen und abzutrocknen. Für Frauen gilt: Immer von vorne nach hinten wischen.
Eine gesunde Darmflora aufbauen und erhalten
“Füttern” der guten Darmbakterien mit einer ausgewogenen abwechslungsreichen gesunden Ernährung (siehe: Ernährung bei Querschnittlähmung) Gefährdung der guten Mikroben, z. B. durch die Einnahme von Antibiotika, nach Möglichkeit meiden. Antibiotika sollten stets gezielt und nach Antibiogramm eingesetzt werden.
Cranberrysaft verwenden
Cranberrysaft sorgt für ein saures Milieu in der Blase, in dem Bakterien sich unwohl fühlen. Zudem können sich gewisse Inhaltstoffe an Darmbakterien anhaften, so dass diese sich nicht mehr an der Blasenwand festsetzen können. Siehe: Alternative Methoden zur Vorbeugung und Heilung von bakteriellen Harnwegsinfekten.
D-Mannose und/oder Methionin verwenden
D-Mannose ist eine Zuckerart, die z. B. in Obst vorkommt und die verhindern kann, dass sich Bakterien in der Blase ansiedeln. Methionin ist eine Aminosäure, die den Urin ansäuert, sodass bestimmte Bakterien sich nicht wohl fühlen. Siehe: Harnwegsinfektionen und Querschnittlähmung: Helfen D-Mannose und L-Methionin?
Das Immunsystem stärken indem man Folgendes beachtet:
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- Auf gesunde Ernährung im Sinne des Clean-Eating achten (siehe: Die Rolle der Ernährung in der Schmerztherapie)
- Nichtraucher werden (siehe: Rauchen und Querschnittlähmung)
- Regelmäßig bewegen (siehe: Stefan Lange über Sport und Gesundheit bei Querschnittlähmung)
- Alkohol- und Koffeinkonsum einstellen oder minimieren
- Nahrungsergänzungsmittel einsetzen, falls nötig. Der Mikronährstoff Vitamin C sorgt für eine Ansäuerung des Urins und schafft so ein Milieu, das Bakterien nicht mögen. Vitamin C kann man supplementieren, es steckt aber auch in vielen Nahrungsmitteln, auf die man zunächst vielleicht nicht kommen mag (siehe: Verblüffend vitaminreich).
- Stress vermeiden (siehe: Stress – nur eine beiläufige Komponente?)
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Siehe auch: Infektionen vermeiden durch richtige Händehygiene
Quelle: Der-Querschnitt.de | Das Informationsportal der Manfred-Sauer-Stiftung